18.05. – 11.06.2023

IDENTITIES. Portraying the Intangible

Die Fotografie ist das direkteste Mittel, um das Gesehene, die unmittelbare Begegnung oder einen ersten Eindruck festzuhalten. So scheint es fast widersprüchlich, eine Ausstellung zu konzipieren, in der dieses besondere künstlerische Medium über die bloße physische Erscheinung hinausgeht um die Risse in der sorgfältig konstruierten sozialen Maske aufzudecken. Doch gerade die Konfrontation mit der Kamera hilft den Künstler:innen, jene Momente einzufangen, in denen das wahre Ich durchzusickern beginnt und die Betrachter:innen mit den innersten Kämpfen, Traumata, Sehnsüchten und Konflikten der Porträtierten konfrontiert werden.

Die Kunsthalle Trier stellt das Ungreifbare in den Mittelpunkt der Ausstellung und zeigt die reizvollen Fotoarbeiten von neun Künstler:innen, die sich durch ihren persönlichen und unterschiedlichen Zugang zum Thema definieren, indem sie über die Oberfläche hinausgehen und das Thema Identität als Selbstsuche und Selbstdarstellung als Selbstfindung diskutieren.

 

Die Ausstellung IDENTITIES wird im Rahmen des Europäischen Monat der Fotografie (EMOP) gezeigt.

Mit der Überzeugung, dass „Identität nicht verhandelt, sondern befreit wird“, schafft die deutsch-ghanaische Künstlerin Akosua Viktoria Adu-Sanyah eine zutiefst persönliche und sich ständig weiterentwickelnde visuelle Begegnung, die es uns ermöglicht, in ihre vielschichtigen Reflexionen über Selbstidentität, Erwartungen, Rassismus und den Raum dazwischen einzutauchen. Die fotografische Installation Inheritance. Poems of Non-Belonging zeigt durch ihre vielfältigen Anwendungen von Fotografie und Materialität die komplexe Natur, welche die persönliche Identität ausmacht.

Die fotografischen Skulpturen von Alma Haser hinterfragen die Vorstellungen von Schönheit und Selbstdarstellung, indem sie die Gesichter in den Galerieraum hinein entwickelt. Ihre aus Origami rekonstruierten Erweiterungen fordern unser normatives Denken heraus und erzeugen quasi unheimliche Eindrücke.

Die Schwarz-Weiß-Fotografie der polnischen Künstlerin Natalia Kepesz verfolgt einen eher sentimentalen Ansatz. Ihre eindringlich-poetischen Bilder fangen das Gefühl von Unsicherheit und Einsamkeit ein, die sie durch die Augen ihrer Tochter Pola erlebt, während sie gleichzeitig ihre eigene Definition von Selbst durch die Mutterschaft in Frage stellt.

Stefan Kraut nutzt die Idee der Selbstdarstellung mit den humorvollen Mitteln der Kostümierung und Inszenierung. Selfie ist eine Ansammlung von großformatigen Drucken, die Kraut beim Verkleiden zeigen und die Betrachter:innen mit dem Trugschluss des immer noch verbreiteten Klischees „Du bist, was du trägst“ konfrontieren.

Sanne Maes‚ Videoporträts ermöglichen einen anderen Zugang zur Fotografie, indem sie das bewegte Bild einführen. Die Porträts, die auf gerahmten Fernsehbildschirmen gezeigt werden, sind zur Hälfte von Rorschach-inspirierten Tintenklecksen verdeckt und stellen die Identität der Modelle ebenso in Frage wie die Eindrücke, die die Betrachter:innen von ihnen haben.

Der luxemburgische Obersauerstausee bildet den Hintergrund für die malerischen Fotografien von Martine Pinnel. In gedämpfte Töne getaucht, spiegelt die kalte Landschaft ihre inneren Turbulenzen wider und gibt einen ungewöhnlich persönlichen Einblick in die psychische Verfassung der Künstlerin.

In Rebecca Ramershovens Arbeit Identity I ist der Schleier weniger ein Mittel des persönlichen Ausdrucks als vielmehr eine Verschleierung der Identität oder eine gesellschaftlich auferlegte Kennzeichnung. Im Spiel mit Textilien und Textur zeigt die Künstlerin die erdrückende Wirkung, die gesellschaftliche Erwartungen auf die persönliche Identität nicht-weißer Menschen haben können.

Geschlechterrollen, Sexualität und die daraus resultierenden Kämpfe, die durch gesellschaftliche Konventionen auferlegt werden, sind das Thema der freilegenden Bilder von Pit Reding. Der luxemburgische Künstler beleuchtet die Vergeschlechtlichung von Kinderspielzeug und wählt in diesen noch nie vorher ausgestellten Fotografien einen intimen, körperlichen Ansatz.

Franziska Stünkels urbane Landschaften hinterfragen die Rolle unserer Umgebung bei der Bildung der persönlichen Identität. Gebäude können eine Spur, einen Eindruck hinterlassen, so wie ihr Spiegelbild in jedem Gebäude eingefangen ist.

 

Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

Im Rahmen des Europäischen Monats der Fotografie Luxemburg
Wir danken der Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur, der Stadt Trier, Pro Helvetia, Schweizer Kulturstiftung, und der Kulturstiftung der Sparkasse Trier
Akosua Viktoria Adu-Sanyah, Inheritance – Poems of Non-Belonging [parents], 2020
Alma Haser, Cosmic Surgery, 2020
Pit Reding, Untitled (Barbie) & Untitled (Drag), 2023

Gezeigt werden:

Akosua Viktoria Adu-Sanyah www.akosuaviktoria.com

Alma Haser www.haser.org

Natalia Kepesz www.nataliakepesz.de

Stefan Krauth www.s-krauth.de

Sanne Maes www.sannemaes.nl

Martine Pinnel www.martinepinnel.com

Rebecca Racine Ramershoven www.rebeccaracineramershoven.com

Pit Reding www.pitreding.com

Franziska Stünkel www.franziskastuenkel.de